
Turmhügel, Burg, Steinbruch
Forschungen zu regionaler Baugeschichte neu überdacht: Das Schloss zu Ellingshausen – Marginalien zu wenig erforschtem Komplex.
Etwas abseits der Hauptstraße von Obermaßfeld nach Rohr, die auch Ellingshausen tangiert, liegt, verdeckt von stattlichen Kastanienbäumen, ein kleines Schloss. Es bildet zusammen mit der südöstlich angrenzenden wehrhaften Kirche ein über Jahrhunderte hinweg gewachsenes, eindrucksvolles Bauensemble, welches auch heute noch das Dorf architektonisch entscheidend prägt.
Das schon seit mehreren Jahren unbewohnte Hauptgebäude bietet mittlerweile einen trostlosen Anblick und bedarf dringend der Sanierung. Es bleibt nur zu hoffen, dass sich bald ein denkmalpflegerischen Belangen aufgeschlossener Käufer mit einer sinnvollen Nutzungskonzeption für den historisch bedeutsamen Komplex findet.

Der dreigeschossige, steinerne Putzbau, dessen markanter Treppenturm stilistisch auf die Zeit um 1600 hinweist, wurde 1605 erbaut, wie die Jahreszahl mit stilisierter Lilie und Ankerkreuz im dreiteilig getreppten Giebel vermeldet. Wesentlich älter ist jedoch der damals in den Neubau einbezogene, westlich angrenzende schmucklose Turm mit kurzem Satteldach. Als Wohn- und Wehrturm war er vermutlich Hauptbestandteil einer einfachen Wehranlage, auch „Turmhügel“ genannt.
Vorläufer 500 Jahre älter
Diese gehören zu den ältesten Burganlagen in Franken, sind als Vorläufer zahlreicher Höhen- und Wasserburgen anzusprechen und waren zumeist auch ortsbildend. Auch die auf einer kleinen Anhöhe zirka 5 Meter über dem Mühlgraben gelegene Ellingshäuser Anlage entwickelte sich, vermutlich im 12./13. Jahrhundert, zu einer bescheidenen Burg mit einfacher Ringmauer und Nebengebäuden. Sie diente als Stützpunktdes Bistums Würzburg im Prozeß des Ausbaus seiner Territorialmacht in einer Zeit, die von ständigen Streitigkeiten zwischen Würzburg und der Grafschaft Henneberg um Besitz-und Gerichtsrechte geprägt war.
Würzburger Lehen
Im 13. Jahrhundert kam Ellingshausen vermutlich als würzburgisches Lehen in den Besitz der Hennberger und verblieb dort bis zu deren Aussterben 1583. Das durch einen Berthold von Elycheshusen 1315 bezeugte, sich also nach dem Ort nennende Geschlecht, starb vermutlich schon im 14. Jahrhundert aus, denn Mannlehen an solch bekannte hennebergische Geschlechter wie die von Schaumburg, Wechmar, Meuser, Truchseß und von Herda verlehnt. Aus dem Geschlecht der Wechmar aus Ellingshausen stammt auch der 1488 verstorbene und damals im Meininger Kloster begrabene Reinhold von Wechmar. Sein Grabstein, übrigens der älteste noch in Meiningen erhaltene, ist zusammen mit anderen historischen Steinen in die Nordmauer des Meininger Parkfriedhofs eingefügt.

Mit dem Tod des Raben von Herda 1573 fiel Ellingshausen an die Henneberger anheim und wurde 1576 an den hennebergischen Hofmarschall Hans von Bose (1533 – 1601) verliehen. Der aufwendige Epitaph im Chor der Kirche hält sein Andenken und das seiner Frau, Katharina von Bose, für die Nachwelt fest. Über die Grabmäler in der Kirche wird zu einem späteren Zeitpunkt berichtet werden. Das Geschlecht der von Bose ist bis 1821 und nach Rückkauf durch Gebhard von Bose ab 1902 bis zur Gegenwart hier nachweisbar und hat die Bau- und Ortsgeschichte entscheidend geprägt.
Ringmauer erhalten
Da der vorrangig als Wehrturm eingerichtete Wohnturm nur bescheidenen Wohnansprüchen genügen konnte, entstand, zeitlich nicht faßbar aber vermutlich im 15. Jahrhundert, südöstlich unterhalb der Burg ein neuer, nun und bis ins 19. Jahrhundert als „Schloß“ bezeichneter Bau. Etwa gleichzeitig muß der umwehrte ehem. Burghof der Dorfgemeinde von der Landesherrschaft zur Umwandlung in eine Wehrkirchenanlage überlassen worden sein, die in der Folgezeit hier Gaden und ein Schulhaus errichtete. Kirchenbauten sind für 1598 und 1775/76 nachweisbar. Die Ringmauer der Burg ist noch heute größtenteils erhalten und vermittelt vor allem vom südlichen Halsgraben und vom Westen aus einen imposanten Eindruck mittelalterlicher Wehrhaftigkeit.
Beim Übergang des Lehens an Hans von Bose wird ausdrücklich von einem „Oberhof“ gesprochen, den der letzte Herda besessen habe. Das setzt einen „Unterhof“ voraus, eben jenen zweiten Herrensitz. Eine Aufzählung aller 1777 bestehenden herrschaftlichen Bauten des Dorfes nennt „Zwey Adeliche Ansieze mit zugehörigen Ställen und Städeln“ und unterscheidet nun eindeutig zwischen dem oberen und dem unteren Schloß. Letzteres diente damals als Witwensitz.
Hochwassergebiet
Bis zur Errichtung des oben erwähnten Schlosses 1604 muß das untere Schloß das bedeutendere Bauwerk gewesen sein. Sein ungünstiger Standort in einem auch heute noch stark hochwassergefährdeten Gebiet war vermutlich der Hauptgrund für den durch Liebrecht von Bose veranlaßten Neubau. Bis zum Verkauf des Gutes 1821 an den Kgl. Preußischen Oberamtsmann Johann Carl Gottlieb Straßburger aus Kühndorf bzw. 1843 an die Familie Hein können baulich nur wenige Veränderungen vorgenommen worden sein, wie die heutige Bausubstanz ausweist. Erst im Verlauf des 19. Jahrhundert entstanden neue Ökonomiegebäude und ein nördlicher Wirtschaftsanbau am großen Turm. Das untere Schloß dagegen verfiel mehr und mehr und war vermutlich auch den Bauern des Dorfes willkommener „Steinbruch“. Reste sollen um die Mitte des 19. Jh. noch sichtbar gewesen sein und lassen sich noch heute in einer aufwendigen Stützmauer und in der Substanz einer inzwischen zum Wohnhaus umgebauten Scheune nachweisen.
Quelle:
„Meininger Heimatklänge“, Jahrgang 1995, Ausgabe 8. Erschienen als Beilage zum „Meininger Tageblatt“
Text & Fotos: Ingrid Reißland, Ellingshausen
